April 20, 2011

Mein großer Bruder (1967-2011)


Als mein Bruder vor fast 44 Jahren geboren wurde, war ein klein und zierlich, fast zerbrechlich. Keiner konnte ahnen zu welch stattlicher Größe er heranwachsen würde. Unsere Mama half ein wenig nach mit Haferflocken und setzte einen Grundstein für einen gesunden Appetit. Ich glaube fast jeder von uns hat es mal miterlebt, wenn er mit viel Freude und Genuss riesengroße Schnitzel mit Pommes oder Steaks verdrückte, Braten und Garnelen kiloweise auf den Grill legte. Mir hat er sogar einmal während der Weihnachtsvorbereitungen so ganz nebenbei ein ganzes Blech Vanillekipferln weggefuttert.
Aus Erzählungen weiß ich, dass er als ich geboren wurde ein stolzer großer Bruder war, der mit viel Geduld mit Holzklötzchen einen Turm nach dem anderen baute, die ich dann wieder umwerfen durfte. Geduldig war er wirklich, auch dann als ich ihn einmal stundenlang quer durch Köln lotste und wir immer wieder in Sackgassen landeten, weil zu der Zeit gerade ein Radrennen mitten in der Stadt stattfand. Nicht einmal das konnte ihn aus der Ruhe bringen.
Leider war dieses Idyll unserer frühen Kindheit nicht von Dauer und man trennte uns als wir erst 3 und 6 Jahre alt waren.Wir gingen beide unseres Weges bis ins neue Jahrtausend. Zufällig trennten wir uns fast zeitgleich von unseren Partnern und begannen miteinander zu telefonieren. Wir entdeckten, dass wir gar nicht so verschieden waren und nach vielen stundenlangen Telefonaten wurden wir das, was wir schon immer hätten sein sollen: Richtige Geschwister. Mehr sogar, wir wurden auch Freunde.
Nach ein paar Jahren lernte er seine große Liebe kennen und so waren wir ab da, oft auch zu dritt unterwegs.
Wir gingen ins Kino, verpassten keine Folge von Harry Potter, gingen auf Schatzsuche im Wald und natürlich wurde auch so manches Schnitzel oder Hähnchen verputzt.
Mit seiner großen Liebe, und manchmal auch unserer Mama oder meiner kleinen Maus fuhr er so oft es ging mit seinem heißgeliebten Käfer an die Nordsee. Das war seine zweite Heimat. Das Autofahren machte ihm so viel Spaß, dass er nicht den direkten Weg über die Autobahn wählte sondern in fast der doppelten Zeit auf den Landstraßen fuhr, ganz gemütlich. Oft entstanden bei solchen Ausflügen herrliche Fotos, die er am Computer noch besser machte. Fotografieren und Computer, das waren zwei seiner Hobbies. Und wie bei allem was ihm Spaß machte war er mit Eifer und Leidenschaft dabei und merkte nicht wie die Zeit verging.
Wenn ihn die Leidenschaft für etwas ergriff informierte er sich bis ins Detail über alle möglichen Dinge und wurde nicht müde jedem davon ebenso bis ins Detail darüber zu erzählen. Da war manchmal auch von uns jede Menge Geduld gefragt.
2008, kurz vor Weihnachten wurde aus meinem Bruder und seinem Schatz ein Ehepaar. Wir feierten im kleinen Kreis und freuten uns alle sehr.
Als er vor zwei Jahren nach Gedern zog, freute er sich über den Platz und die Möglichkeiten, die das Haus mit Garten bot. Viele Pläne hatte er für den Garten, leider ist er nicht mehr dazu gekommen alle zu verwirklichen.
Vor knapp einem halben Jahr wurde dann sein kleiner Max geboren, den er mit ganzem Herzen liebte und auf den er unheimlich stolz war. Ich bin froh, dass er das noch erlebt hat. Und ich bin auch sicher, dass er von da wo er jetzt ist, jeden Schritt seines Sohnes beobachtet und über ihm wacht.
Mein geliebter großer Bruder, ich bin unendlich dankbar für die Zeit die wir gemeinsam hatten und ich weiß, dass wir uns eines Tages wieder sehen.